Erfolgsmodell mit Zukunftspotential - Nachhaltigkeit in Usbekistans Textilsektor

Quelle: it fits

Mit 2024 schloss sich ein Kapitel voller Erfolge und einzigartigen Erfahrungen: Unser GIZ-Usbekistan-Projekt. Eineinhalb Jahre intensiver Zusammenarbeit liegen hinter uns – geprägt von Emotionen, wertvoller Erkenntnisse, einzigartige Erlebnisse und beeindruckender Ergebnisse. Beteiligt an diesem Erfolg waren engagierte Partner, hochmotivierte Teilnehmende und visionäre Unternehmen. Gemeinsam haben wir mit praxisorientierten Wissenspaketen, intensiven Expertentrainings und aufklärenden Workshops die lokalen Kompetenzen für Nachhaltigkeit in Usbekistan gestärkt. Durch maßgeschneidertes Coaching und kundenorientierte Zertifizierungsberatung ebneten wir usbekischen Unternehmen den Weg in neue internationale Märkte. Warum dieses Projekt zu unserem Jahreshighlight 2024 wurde und welche Spuren es hinterlässt - erfahren Sie hier.

 

 


Hintergrund Usbekistan: Von Herausforderungen zu einem nachhaltigen Zukunftsmodell

Usbekistan ist einer der weltweit größten Baumwollproduzenten mit einer jährlichen Ernte von über drei Millionen Tonnen auf rund einer Million Hektar. Baumwolle ist ein zentraler Bestandteil der usbekischen Wirtschaft und trägt 18 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Dennoch waren der Baumwollanbau und die damit verbundene Textilproduktion jahrzehntelang von Herausforderungen wie Monokulturen, sinkender Bodenqualität, Wasserknappheit und Zwangsarbeit geprägt. In den letzten Jahren hat sich der Textilsektor durch umfassende Reformen grundlegend gewandelt. Privatisierung, Verbot von Zwangsarbeit und internationale Zusammenarbeit führten zu einem Aufschwung, der mit dem Ende des internationalen Boykotts 2022 und der Bestätigung durch die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) einen wichtigen Meilenstein erreichte. Heute boomt die usbekische Textilindustrie und öffnet sich zunehmend den internationalen Märkten. Dabei stellt sich die usbekische Textilwirtschaft den gesetzten Erwartungen und Anforderungen an Nachhaltigkeit und werden dies künftig durch diverse Zertifikate auch nachweisen können. 

Nachhaltigkeit im usbekischen Textilsektor: Unser Beitrag im GIZ-Projekt

Zwischen September 2023 und Dezember 2024 hat das Team von it fits im Rahmen des GIZ-Projekts „Nachhaltigkeit und Wertschöpfung in der Baumwollwirtschaft Usbekistans“ entscheidend dazu beigetragen, den Textilsektor des Landes zukunftsfähig zu machen.

 

Das von 2019 bis 2024 laufende Projekt verfolgte drei zentrale Ziele: 1. die Ausarbeitung von praxistauglichen Schulungsmaterialien, 2. die Durchführung interaktiver Trainings und aufklärenden Workshops sowie 3. gezielte Zertifizierungs- und Strategie-Beratungen, wodurch der Sektor nachhaltiger und wettbewerbsfähiger aufgestellt werden soll. Ein besonderer Fokus lag darauf, Kompetenzen in den Bereichen Nachhaltigkeit und Zertifizierung zu stärken, um usbekischen Unternehmen den Zugang zum europäischen Markt zu erleichtern.

 

Das Herzstück unserer Arbeit bildete das Training-of-Trainer-Program (ToT). Zahlreiche angehende Expertinnen wurden umfassend geschult, um als Multiplikatoren nachhaltige Praktiken in der Region zu verankern. Die Inhalte der Schulungen umfassten Grundlagen zu Nachhaltigkeit und der Zertifizierung im allgemeinen sowie Deep Dives in die Standards GOTS, Oeko-Tex, Textile Exchange Standards und amfori BSCI, welche uns für den europäischen Markt besonders relevant erscheinen.

 

Phase 1: Entwicklung von Schulungsmaterialien

In der ersten Projektphase wurden marktrelevante Umwelt- und Sozialstandards sowie deren Zertifizierungsprogramme identifiziert. Das Ergebnis ist eine umfassende Standardmatrix, ergänzt durch 16 detaillierte Factsheets. Nach Analyse dieser internationalen Nachhaltigkeitsstandards erfolgte die Eingrenzung und Auswahl auf die vier Zertifizierungsprogramme GOTS, Oeko-Tex, Textile Exchange Standards, amfori BSCI. Basierend auf dieser Grundlage entwickelte das Team praxisnahe Schulungsmaterialien, die mit interaktiven und erprobten Lernmethoden aus dem umfangreichen Erfahrungsschatz der Expertinnen angereichert wurden. Alle Materialien folgen einer einheitlichen inhaltlichen und farblich abgesetzten Struktur, unterteilt in die Kategorien General Background (grau), Classification (grün), Supply Chain Focus (blau), Scope/Focus Area (gelb), Assurance System (rot) und Labelling (türkis). Diese konsistente Aufbereitung gewährleistet Praxisnähe und erleichtert die Anwendung.

 

Phase 2: Training-of-Trainer-Programm und Workshops

In dieser Phase lag der Schwerpunkt darauf, lokale Expert*innen durch ein umfangreiches ToT-Programm zu qualifizieren und das erarbeitet Schulungsmaterial hierfür anzuwenden Emotionen, wertvoller Erfahrungen und beeindruckender Erfolge. Im Zeitraum Dez.2023/Januar 2024 sowie Oktober 2024 wurden zahlreiche Online- und Vor-Ort-Trainingsmodule durchgeführt. 

Des Weiteren wurde ein leicht reduziertes Programm für eine breitere Zielgruppe (Unternehmen, Industrie- und Handelskammer, Berater, NGO-Akteure, etc.) in Form von zwei Workshops in Taschkent und Fergana durchgeführt, um dadurch möglichst viele Interessierte zu erreichen. Diese Workshops dienten der großflächigen Aufklärung im Textilsektor.

 

Phase 3: Zertifizierungsberatung und Coachings

Im Mai und Oktober 2024 richteten wir unsere Maßnahmen verstärkt direkt an Textilunternehmen in Usbekistan. In Form von individuellem Coaching wurden Unternehmen auf die Anforderungen des europäischen Marktes vorbereitet und bei der Entwicklung von Strategien zur Nachhaltigkeit unterstützt. Besondere Schwerpunkte lagen dabei auf Transparenz, Sorgfaltspflichten und den Anforderungen der jeweiligen ausgewählten Umwelt- und Sozial-Standards sowie den Zertifizierungsabläufen. 

Impressionen aus dem Train of the Trainer Programm in Tashkent, vom 8.-11.10.2024, Quelle: it fits

Unsere Erfolge, persönlichen Highlights und außergewöhnlichen Erfahrungen

Ausgefeiltes Schulungsmaterial: 

Unser strukturierter Schulungsbaukasten ermöglichte eine vergleichbare, einprägsame Betrachtung von Nachhaltigkeitsstandards und Zertifizierungsabläufen, mittels

  • einer umfassenden Matrix mit marktrelevanten Nachhaltigkeitsstandards.
  • 16 visualisierten Factsheets zu ausgewählten Sozial- und Umweltstandards.
  • tiefgreifender Lehrmaterialien zu GOTS, Oeko-Tex, Textile Exchange Standards und amfori BSCI.

Das Ergebnis: ein durchdachtes, praxisorientiertes Schulungskonzept, das Maßstäbe setzt.

 

Interaktiver Wissenstransfer: 

Mit innovativen Schulungs-Methoden wie - Mentimeter Quizze, Meta-Plan-Diskussionen, praxisnahen Aufgaben, Gruppenarbeiten, Fallstudien und Rollenspielen gelang es, komplexe Themen anschaulich und mitreißend zu vermitteln. Die Teilnehmenden waren begeistert so aktiv eingebunden zu sein.

 

Aufklärung: 

Über 100 hochengagierte Teilnehmer*innen nahmen an zwei mehrtägigen Schulungen und zwei Workshops in verschiedenen Regionen teil und vertieften ihr Wissen zu Nachhaltigkeit und Zertifizierungen.

 

Wirkung: 

Die angehenden Trainer*innen berichteten in detaillierten Feedbackrunden, wie sie das neu erlernte Wissen gedenken zu multiplizieren. Die außergewöhnliche Aufmerksamkeit und aktive Teilnahme der Teilnehmenden – trotz der potenziell trockenen Thematik – verdeutlichte den Erfolg der Schulungen. Besonders beeindruckend waren die Ergebnisse der interaktiven Aufgaben, die unsere Erwartungen übertrafen.

 

Vernetzung: 

Bei Messebesuchen und Stakeholder-Events wurden Vertreter*innen von Ministerien, Entwicklungshilfeorganisationen, Unternehmen und Verbänden erfolgreich vernetzt. Gleichzeitig baute unser Team in Usbekistan wertvolle Kontakte auf.

Persönliche Einblicke:

Die bewegenden Erfahrungen der Teilnehmenden, insbesondere ihre Reflexionen über staatlich erzwungene Zwangsarbeit in der Vergangenheit, hinterließen bei uns einen bleibenden Eindruck. Gleichzeitig betonten sie die Bedeutung von weiteren Reformen in den Bereichen Korruption und existenzsichernde Löhne.

 

Kooperationsbereitschaft der Standardgeber: 

Die im Schulungskonzept integrierten Standardprogramme boten den Standardinhabern eine wertvolle Gelegenheit, ihre Siegel und Systeme in Usbekistan bekannt zu machen – ein Synergieeffekt, der jedoch unterschiedlich genutzt wurde. Besonders positiv fiel die Zusammenarbeit mit der Oeko-Tex Gemeinschaft auf, die durch Offenheit und tatkräftige Unterstützung überzeugte. Auch SLCP zeigte großes Engagement und stellte hilfreiche Materialien bereit. Im Gegensatz dazu blieb der Informationsfluss von amfori gegenüber dem GIZ-Usbekistan-Team auffallend zurückhaltend, was für uns schwer nachvollziehbar war. Die Inhalte zu GOTS und Textile Exchange sowie Oeko-Tex konnten dank der umfangreichen Erfahrung unseres Teams reibungslos integriert werden. Insgesamt war die Nähe und Zusammenarbeit mit den Standardgebern eine entscheidende Grundlage für den Erfolg des Projekts und die Verankerung der Standards im lokalen Kontext.

 

Beeindruckende Ergebnisse aus den Firmen-Coachings: 

Individuelles Coaching und Audit-Simulationen unterstützten Unternehmen konkret bei der Auswahl und Entscheidung passender Zertifizierungssysteme und beim Einstieg in den Zertifizierungsprozess.

  • Drei Unternehmen erzielten erfolgreich eine GOTS-Zertifizierung, teilweise zusätzlich auch die OCS-Zertifizierung.
  • Fünf Firmen trafen strategische Entscheidungen und/oder starteten ihre Zertifizierungsprozesse.
  • Eine Firma zeigte uns die Herausforderungen durch tatsächlich existierende Korruption.

Eindrücke von Firmen-Coachings und Audit-Simulationen im Projekt, Quelle: it fits

Einzigartige Teamarbeit

Das Projekt zeichnete sich durch ein Höchstmaß an Emotionen, Wertschätzung, Motivation und Aufmerksamkeit aus, so dass die Ergebnisse am Ende alle Erwartungen übertrafen. Die Zusammenarbeit im Team war geprägt von Harmonie, Professionalität und gegenseitigem Respekt– ein echtes Vorbildprojekt.

 

Das Team hinter dem Erfolg

Katharina Schaus, GOTS Approved Consultant und Teamleiterin bei diesem Auftrag, und die zwei Nachhaltigkeitsexpertinnen Carola Dieners und Simone Seisl brachten zusammen umfassendes Know-how zu GOTS, Oeko-Tex, Textile Exchange und amfori BSCI ein. Gemeinsam entwickelten sie die Schulungsmaterialien und führten die Trainings, Workshops und Coachings durch Obwohl die drei bisher als Mitbewerberinnen unabhängig voneinander in der Branche aktiv waren, wuchsen sie in diesem Projekt zu einem fairen, kompetenten und harmonischen Team zusammen – ein Paradebeispiel für effektive Kooperation.

 

Die lokalen Trainer-Schüler Alisher Khusainov und Umid Sayfuddinov unterstützten das Dreierteam vor Ort mit großem Engagement und Fachwissen. Sie spielten eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung des Projekts und gewährten gleichzeitig wertvolle Einblicke in die usbekische Kultur.

 

Unser besonderer Dank gilt der GIZ Usbekistan für das Vertrauen in unsere Expertise und die organisatorische Unterstützung. 

Das Projekt schafft großartige wirtschaftliche Perspektiven für Usbekistan und bietet der europäischen Textilindustrie einen neuen innovativen, nachhaltigen Produktionsstandort. Gleichwohl bleibt noch Arbeit, um bestehende Schwächen und Risiken zu minimieren, um die Potenziale vollständig auszuschöpfen.

Teamleiterin Katharina Schaus mit den Nachhaltigkeitsexpertinnen Carola Dieners und Simone Seisl  und den lokalen Trainer-Schülern Alisher Khusainov und Umid Sayfuddinov, Quelle: it fits

Unser fazit

Dieses Projekt hat uns gezeigt, wie viel Freude Arbeit machen kann, wenn Teamgeist, Motivation und Erfolg zusammenkommen. Die Erfahrungen und Erlebnisse machen es zu einem absoluten Highlight, nicht nur im Jahr 2024, sondern in der gesamten 30-jährigen Laufbahn unserer Arbeit.

 

Durch das Projekt wurden zahlreiche Unternehmen erfolgreich auf Zertifizierungen vorbereitet und gleichzeitig auch langfristige Kompetenzen aufgebaut, die der Branche als Ganzes zugutekommen. Neben den Erfolgen bezüglich Wissenstransfer war es uns besonders wichtig, die soziale Dimension der Nachhaltigkeit zu fördern. Die gezielte Einbindung von Frauen und jungen Unternehmer*innen trug dazu bei, ein breiteres Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu schaffen.

 

Potenziale: Usbekistan ist auf dem Weg, sich als nachhaltiger Textilstandort zu etablieren. Das Land verfügt über große Chancen durch vertikale Textil-Cluster, die alle Produktionsschritte vom Baumwollanbau bis zur Fertigung der Endprodukte abdecken. Fortschrittliche Technologien und eine wachsende Offenheit gegenüber internationalen Partnern tragen ebenfalls zur Dynamik bei.

 

Schwächen: Wissenslücken zu Standards, bürokratische Hürden, Korruption und strukturelle Schwächen wie eine Schattenwirtschaft bleiben Herausforderungen, die kontinuierliche Unterstützung und Geduld benötigen. Im Projekt zeigt sich für uns deutlich, dass Herausforderungen wie Sprachbarrieren und der Aufbau von Fachwissen langfristige Unterstützung und Flexibilität erfordern. 

Wir sind stolz darauf, Teil der positiven Entwicklung in Usbekistan zu sein, und setzen uns weiterhin dafür ein, Usbekistans Textilsektor als globalen Player für nachhaltige Baumwollproduktion zu etablieren. 

 

Wir freuen uns darauf, mit unserer Erfahrung und unserem neu aufgebauten Netzwerk auch Ihr Projekt in Usbekistan in dieser kompetenten Besetzung zu unterstützen.

 

Kontaktieren Sie uns:
📩 dialog@itfits.de