Heute Trend - Morgen Müll

Von Luisa Hans


Durch billige Preise wird Mode zum Wegwerfartikel, jeder Deutsche kauft sich jährlich im Durchschnitt 60 neue Kleidungsstücke, wovon jedes fünfte so gut wie nie getragen wird[1]. So landen alleine in deutschen Privathaushalten jährlich 1,3 Millionen Tonnen Kleidung im Müll. Das sind erschreckende Zahlen in einer Welt, in der Klimawandel und Naturkatastrophen täglich in den Nachrichten auftauchen.

Die Bekleidungsindustrie ist heutzutage eine der wichtigsten Industrien weltweit. Der Absatz von Textilien hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten beinahe verdoppelt: von einer Billion US Dollar im Jahr 2002 auf 1,8 Billionen US Dollar 2015.[2] Mc Kinsey hat die Industrie bereits 2017 auf ein Marktvolumen von 2,4 Billion US Dollar geschätzt.[3]

 

Fast-Fashion hat die Modebranche revolutioniert: Heute noch auf den Laufstegen in Paris und Mailand, morgen schon im Discounter. Im Jahr 2014 wurden zum ersten Mal über 100 Milliarden Kleidungsstücke neu produziert.[4]Dieser Trend hin zu Schnelllebigkeit, Masse und zum Wegwerfen bringt große Probleme mit sich.  Unter diesem wachsenden Konsum leiden die Herstellerländer, wie Bangladesch, China oder Indien am meisten - und das auf vielen Ebenen.

 

Kaufen Verbraucher in Afrika oder dem Nahen Osten jährlich nur rund zwei Kilogramm neue Kleidung, sind es in Deutschland zehn, in den USA sogar rund 16 Kilogramm. Gleichzeitig werden in Deutschland jährlich etwa 1,3 Millionen Tonnen Kleidung in der Altkleidersammlung entsorgt. Die Dunkelziffer der Textilien, die im Abfall landen ist kaum schätzbar.

 

Etwa drei Viertel der Kleidung, die in Altkleidertonnen gegeben werden, landen bei Textilverwertern. Hier kommt der „Mythos“ Recycling ins Spiel, denn nur rund ein Viertel dieser Bekleidungsartikel wird tatsächlich recycelt.[5] Zum Putzlappen reicht es immer, zu sehr viel mehr leider auf Grund des aktuellen Stands der Technik leider nicht. 40 - 50 Prozent der Altkleider werden gewinnbringend nach Afrika, Asien oder Osteuropa verkauft.[6] Diese Exporte beliefen sich 2014 weltweit auf etwa 4,3 Millionen Tonnen, an vorderster Front die USA, Deutschland und Großbritannien.[7] Die Importe von Altkleidern sind in den letzten Jahren so enorm gestiegen, dass sich inzwischen 42 Nationen im globalen Süden zusammengeschlossen haben, um den Import gebrauchter Kleidung einzuschränken oder ganz zu verbieten.[8]

 

Wohin also mit den ungewollten Kleidungsstücken?

 

Das Geschäft mit ungewollten Textilien boomt seit Jahren. Viele Textilverwerter haben sogar Verträge mit den produzierenden Unternehmen selbst – sozusagen die „Altkleidertonne direkt am Laden“. Tragbares aus den Altkleidertonnen wird bei Textilverwerten geprüft und sortiert, drei Prozent landet als Secondhandware in Länden, was nicht mehr zu gebrauchen ist, wird zu Lumpen, Füll- oder Dämmmaterial geschreddert und beispielsweise in der Automobilbranche verwendet. Dieser Vorgang nennt sich Downcycling, das Produkt ist am Ende von deutlich minderer Qualität und oftmals zu nicht mehr zu gebrauchen als zum Verbrennen.

 

So genanntes Cradle-to-Cradle Recycling, bei dem die alten Fasern in neue, wiederum brauchbare Garne und Stoffe umgewandelt werden findet kaum statt. Gründe hierfür sind meistens die Verwendung von Mischfasern und deren Identifizierung. Durch den Trend zu Fast Fashion hat der Gebrauch von Polyester rasant zugenommen, sodass heute rund 60% der Bekleidung Polyester enthält. Die Nutzung dieses Stoffes ist von 2000 bis 2016 um rund 157 Prozent gestiegen.[9] Polyester wird aus Erdöl hergestellt und verbraucht in der Produktion rund dreimal mehr CO2-Emissionen als Baumwolle.[10] Durch die Beimischung von Polyester in beispielsweise Baumwollfasern verkompliziert sich der Prozess des Recyclings enorm. Die Trennung der verschiedenen Fasern ist zwar möglich, jedoch nach wie vor sehr teuer, geht auf Kosten der Qualität und benötigt sehr viel Energie. Die Verwendung neuer Fasern ist schlicht weg rentabler.

 

Um das Problem des Mülls durch Textilien anzugehen, muss sich die Modebranche wieder rückbesinnen auf Qualität, Langlebigkeit und zeitloses Design, denn nur so kann der Trend hin zu Fast Fashion und allen damit einhergehenden Probleme eingedämmt werden. Kleidungsstücke müssen wieder länger getragen werden um Ressourcen und die Umwelt nachhaltig zu schonen. Ein Kleidungsstück, das zwei Jahre länger getragen wird, verringert die CO2-Emissionen um etwa 24 Prozent.[11]

 

Für weitere Vertiefung in das Thema empfehlen wir den Artikel: "So irrsinnig ist das Geschäft mit der Wegwerfmode", Spiegel Online, Ausgabe 02/2018

 

Quellenverzeichnis: [1]Alina Schadwinkel, Zeit Magazin, Zum Putzlappen reicht es immer, 2018 (https://www.zeit.de/wissen/2018-07/textilrecycling-altkleider-upcycling-downcycling-baumwolle) [2]Greenpeace, Konsumkollaps durch Fast Fashion, S.2, 2017 [3]Mc Kinsey, Akzente 1/17, S 11, 2017,(https://www.mckinsey.de/~/media/McKinsey/Locations/Europe%20and%20Middle%20East/Deutschland /Branchen/Konsumguter%20Handel/Akzente/Ausgaben%202017/akzente_1_2017_gesamt.ashx) [4]Greenpeace, Konsumkollaps durch Fast Fashion, S.3, 2017 [5]Ebd. S.4 [6]Alina Schadwinkel, Zeit Magazin, Zum Putzlappen reicht es immer, 2018 [7]Greenpeace, Konsumkollaps durch Fast Fashion, S.5, 2017 [8]International Trade Association, Office of Textiles and Apparel (OTEXA), U.S. Trade Data on Worn Clothing and Textiles Production, 2018, (https://otexa.trade.gov/worn_clothing.pdf) [9]Textile World, Man-Made Fibres Continue to Grow, 2015 (https://www.textileworld.com/textile-world/fiber-world/2015/02/man-made-fibers-continue-to-grow/) [10]R. Kirchain, E. Olivetti, T.R. Miller und S. Greene, Materials Systems Laboratory, Massachusetts Institute of Technology, Cambridge, MA, Sustainable Apparel Materials, An Overview of what we know and what could be done about the impact of four major apparel materials: Cotton, Polyester, Leather and Rubber, 2015 (https://globalcompostproject.org/wpcontent/uploads/2015/10/SustainableApparelMaterials.pdf) [11]Carbon Trust, International Carbon Flows, 2011 (https://www.carbontrust.com/media/38358/ctc793-international-carbon-flows-clothing.pdf)

Bildquelle: Unravel Dokumentation (https://sustainabilityinstyle.com/where-your-clothes-end-up/)