Delegation aus Palästina:

Eine Reise- inklusive Zukunftsperspektive

Quelle: it fits

 

Mitte Februar begleiteten wir bei it fits eine besondere Delegation aus Palästina auf einer inspirierenden Reise durch Süddeutschland. Im Rahmen des GIZ-Projekts Green Growth Palestine entdeckten die Teilnehmenden, wie Nachhaltigkeit in der deutschen Privatwirtschaft gelebt wird. In Gesprächen mit Unternehmen und Expert:innen sammelten sie wertvolle Impulse für den nachhaltigen und zukunftsfähigen Wandel der palästinensischen Wirtschaft, die mit enormen Herausforderungen konfrontiert ist. Besonders beeindruckend? Mit wie viel Mut und Proaktivität die Teilnehmenden die Zukunft des Landes mit Strategien und Vernetzung in die Hand nehmen!


Unter dem Titel „Sustainability in the German Private Sector: Standards, Certificates, Actors“ standen der Austausch, die Vernetzung und das Erweitern von Perspektiven im Fokus. Teilnehmer der Delegationsreise aus Palästina waren Repräsentanten aus dem Industrie- und Wirtschaftsministerium, den Handelskammern sowie Industrieverbänden der Sektoren Lebensmittel und Textil.

Private Sector Development Program

Das Private Sector Development Program (PSDP), dass von der GIZ unter dem BMZ umgesetzt wird, fördert die wirtschaftliche Entwicklung mit Fokus auf KMUs. Seit 2018 stärkt es die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen im Westjordanland, Ostjerusalem und Gaza in Zusammenarbeit mit dem palästinensischen Wirtschaftsministerium, sowie privaten und zivilgesellschaftlichen Organisationen.

Potential Textilsektor

In Palästina spielt der Textilsektor mit 1.942 Betrieben und über 12.000 Arbeitsplätzen eine zentrale wirtschaftliche Rolle. Obwohl die Produktion auf importierten Rohstoffen basiert, bieten Freihandelsabkommen Chancen für den Export, insbesondere im Bereich zertifizierter Bio- und Fair-Trade-Textilien. Auf diesem Potential baut das GIZ-Projekt auf. In der ersten Projektphase wurde die GOTS-Zertifizierung einer palästinensischen Textilfirma in Kooperation mit einem europäischen Modelabel bis kurz vor die Zertifizierung vorangebracht, musste jedoch aufgrund der dramatischen politischen Lage schlussendlich aufgegeben werden.

 

Infolgedessen wurde die zweite Projektphase angepasst: Statt der geplanten weiteren Zertifizierungen und Ausweitung der Produktionskapazitäten, liegt der Fokus vorerst auf dem Wissenstransfer aus der ersten Projektphase und der Sensibilisierung für nachhaltige Produktionsmethoden in verschiedenen palästinensischen Industriesektoren.

Eine Reise beginnt...

Eingerahmt von eisigem Winterwetter startet die Woche in Stuttgart mit einem intensiven Training zur nachhaltigen Transformation, dass durch das it fits Expertinnen Team, bestehend aus den Trainerinnen Katharina Schaus und Juliana Theurer ausgebracht wurde. Im Fokus des ersten Schulungstages stand die Frage: Wie kann Nachhaltigkeit gezielt Wachstum und Resilienz stärken? Zudem beleuchteten wir zentrale Einflussfaktoren, stellten nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster (SCP) vor und analysierten Standards und Zertifizierungen als effektive Instrumente für eine nachhaltige Umsetzung von SCPs.

 

Die Teilnehmenden verknüpften dieses Wissen in interaktiven Formaten mit konkreten Handlungsperspektiven für die wirtschaftliche Zukunft Palästinas, indem sie sich mit relevanten Fokuspunkten im Themenfeld Nachhaltigkeit und den konkreten Herausforderungen für ihr Land auseinandersetzten. Für den Export geeignete Produkte wurden identifiziert und verschiedene Lieferketten auf ihre Besonderheiten hin von den Teilnehmenden analysiert, präsentiert und diskutiert.

Eindrücke vom ersten Schulungstag: Die Teilnehmer präsentieren Produktlieferketten aus verschiedenen relevanten Sektoren. Bildquelle: it fits

Zertifizierung als Werkzeug für Nachhaltigkeit

Am zweiten Schulungstag wurden im palästinensischen Raum etablierte Zertifizierungen betrachtet und verschiedene Standards aus Bereichen wie Landwirtschaft, Lebensmittel, Textil und Tourismus analysiert. Dabei wurden Potenziale und Herausforderungen bei der Implementierung in Palästina intensiv diskutiert. Zentrales Thema war, wie Nachhaltigkeit und Zertifizierungen im Land durch die Handelskammern verbreitet werden können und wie palästinensische Unternehmen beim Zugang zum europäischen Markt effektiv unterstützt werden können. Anschließend wurde mittels Experteninput tief in die ESG-Anforderungen und ihre praxisnahe Bedeutung für Betriebe eingetaucht.

Austausch zur Relevanz internationaler Siegel in Palästina. Bildquelle: it fits


GOTS in Palästina

Unser Erfahrungsbericht mit wertvollen Erkenntnissen über die geplante GOTS-Zertifizierung eines palästinensischen Konfektionärs wurde von großem Interesse und angeregten Diskussion in der Gruppe begleitet. 

 

Zu den wesentlichen Herausforderungen im Zertifizierungsprozess gehörte neben hohe Zertifizierungskosten auch das Ablehnen von Anfragen durch Zertifizierungsstellen. Schlussendlich fand sich jedoch eine deutsche Zertifizierungsstelle, die bereit war, das Unternehmen zu auditieren und zu zertifizieren. Im Betrieb wurden in Vorbereitung auf das Audit, durch das it fits Team, Lücken identifiziert und Maßnahmen zur Erfüllung der GOTS-Kriterien realisiert.

Chance für palästinas Wirtschaft

In der Delegationsgruppe stießen diese Erfahrungen intensive Diskussion an, in denen die Gruppe die Bedeutung von Schulungen, Qualitätsmanagement und nachhaltigen Geschäftspraktiken für lokale Unternehmen herausgearbeitet. Dabei wurden strategische Marktvorteile wie das Storytelling als Marketingstrategie sowie kurze Lieferwege nach Europa als wesentliche Chancen für den Standort Palästina identifiziert. Ein Fokus, der wie die PSDP-Programmberaterin Angelika Staubenmüller erläutert, passgenau mit einem weiteren in kürze startenden GIZ-Projekt vorangetrieben wird. Hier werden 75 palästinensische Unternehmen in der Implementation von Qualitätsmanagementprozessen unterstützt.

Im Rahmen des zweiten Schulungstages vermittelte das it fits Team ESG Kriterien und die Teilnehmer erschlossen die breiten Vorteile von Zertifizierung als marktöffnendem Tool. Bildquelle: it fits

Inspiration MENA-Region

Abgeschlossen wurde unsere zweitägige Schulung durch den Blick auf Best-Practice-Beispiele aus der MENA-Region, die weitere Handlungsperspektiven eröffneten und durch vielfältige und inspirierende Beispiele aus dem Erfahrungsschatz der Teilnehmer ergänzt wurden.  In der Region sind außergewöhnliche und zutiefst inspirierende Pionierprojekte verortet. Eines davon, dass SEKEM Projekt in Ägypten wurde von Katharina Schaus erst im vergangenen Jahr besucht, den spannenden Reisebericht dazu finden sie hier im Artikel.

was uns als Trainerinnen besonders beeindruckt hat:

  • Der ehrliche Umgang mit Herausforderungen und unüberwindbaren Rahmenbedingungen
  • Die Offenheit im Miteinander
  • Die Begeisterung für Nachhaltigkeit als Strategie
  • Die intensiven und anregenden Diskussionen über die Formate hinaus
  • Die vorausschauende Ideengenerierung, Planung und Vernetzung für die nächsten Schritte
  • Die klare deutsch-arabische Kommunikation – dank der hervorragenden Arbeit der Dolmetschenden @Jasmin Khaled-Jaiser und @Gert Himmel

weitere stationen der reise

IHK CEO Dr. Wolfgang Epp und seinem Team hießen die Gruppe herzlich willkommen. Bildquelle: it fits

KMUs & Netzwerkarbeit im Fokus bei der IHK

Am Mittwoch ging es mit einem inspirierenden Austausch bei der IHK Reutlingen weiter. Hier wurde die Delegation von CEO Dr. Wolfgang Epp herzlich und respektvoll empfangen. Die aufschlussreichen Präsentationen von den Bereichsleitern International, Martin Fahling, und Weiterbildung, Marcus Schairer, sowie Felix Eiber gaben wertvolle Einblicke in die wirtschaftliche Landschaft der Region. Im Fokus standen Angebote für KMUs, das Nachhaltigkeitsnetzwerk der IHK Reutlingen, sowie die Ausbildungs- und Innovationsförderung. Bereits beim Treffen wurde ein erster Grundstein für mögliche zukünftige Kooperationen, an denen auch die GIZ beteiligt ist, beschlossen.

 

Nach einem sonnigen Spaziergang durch die historische Altstadt von Reutlingen wartete einer traditionellen schwäbischen Stärkung im Rebstöckle. Anschließend wurde die Reise in das benachbarte Metzingen fortgesetzt.


Innovation & Nachhaltigkeit als strake Partner bei Hugo Boss

Tobias Kalthoff, Head of Materials Excellence, begrüßte die Gruppe auf dem Campus von Hugo in Metzingen und gab spannende Einblicke in die Unternehmensstrategie. Besonders beeindruckend waren das innovative, teildigitalisierte Showroom-Konzept sowie das Materials Lab, in dem mit nachhaltigen 3D-Animationstechnologien für Stoffe gearbeitet wird. Diese ermöglichen realitätsnahe digitale Nachbildungen – von der Faser an – und optimieren dadurch Designprozesse. Auch die Nutzung von Synergien spielt eine zentrale Rolle im Unternehmen: So werden etwa durch die enge Zusammenarbeit verschiedener Labels innerhalb des Konzerns Materialien, wenn möglich kollektionsübergreifend eingesetzt. Die Verwertung von Überproduktionen ist ein spannendes Thema für die Marke und reicht vom Recycling in Kleiderbügeln und Blumentöpfen bis hin zur Herstellung von Staubbeuteln für die Schuhproduktion aus Reststoffen.

Neben digitalen und brandaktuellen Innovations- und Technologieimpulsen kam auch der Spaß mit einer spontanen Tischtennisrunde auf dem modernen und ansprechenden Firmencampus nicht zu kurz! Bildquelle: it fits

Prinzipien nachhaltiger Landwirtschaft mit dem Naturland-Verband

Die Delegation setzte am Donnerstag ihre Reise im Raum München fort und erkundete gemeinsam mit dem Naturland-Verband in die Prinzipien und Prozesse der nachhaltigen Landwirtschaft.

 

Da Olivenöl und Trockenfrüchte zu den wichtigsten Exportgütern Palästinas zählen, bietet dieses Thema vielversprechende Perspektiven für die wirtschaftliche Zukunft des Landes.

Zu Besuch bei Naturland. Bildquelle: it fits


Abschluss der Reise

Am Freitag wurde die Delegationsreise mit einer ausführlichen Reflexion und dem Erstellen von Aktionsplänen mit konkreten Handlungsstrategien abgerundet. Angeleitet wurde das Format von Katharina Schaus. 

 

Die Teilnehmenden waren sich in der Reflexion geschlossen einig, dass Nachhaltigkeit für Palästina eine zentrale Aufgabe ist. Ein Großteil sah Zertifizierungen als ein wichtiges Mittel zur Förderung von Nachhaltigkeit, die jedoch herausfordernde Anforderungen mit sich bringen. Bewusstseinsbildung und Pilotprojekte sind daher essenziell, um Zertifizierungsprozesse schrittweise einzuführen. Durch diese Maßnahmen soll Palästina seine Wettbewerbsfähigkeit im nachhaltigen Markt stärken und Unternehmen auf internationale Standards vorbereiten. Die Teilnehmenden betonen, dass politische Rahmenbedingungen und externe Unterstützung dafür essenziell sind.

 

Abschließend wurde ein Aktionsplan entwickelt, in dem die teilnehmenden Akteure als Multiplikatoren für das Thema Nachhaltigkeit in ihren Sektoren aktiv werden. Bildquelle: it fits

Die Motivation, Nachhaltigkeit in die palästinensische Wirtschaft zu integrieren, ist unter den Teilnehmenden hoch und hat alle Beteiligten beflügelt. Wir bedanken uns herzlich für die spannenden Diskussionen, die aktive Gestaltung und die Wertschätzung für unserer Schulungskonzept!

 

Wir wünschen dieser herzlichen und mutigen Delegation, die uns mit ihrer Haltung zutiefst beeindruckt und inspiriert hat, nur das Beste für die anstehenden Aktionen auf ihrem Weg im Land. Die Entwicklungen rund um Nachhaltigkeit in Palästina verfolgen wir gespannt!

it fits projekte & Schulungsangebote

Mit unseren international erprobten und  individualisierten Schulungsangeboten leiten wir Unternehmen und Branchenakteure seit vielen Jahren dazu an, nachhaltige Kompetenzen zu entwickeln. Im Fokus steht dabei Fairness in der Wertschöpfungskette zu realisieren, Wege auf den europäischen und internationale Märkte zu öffnen und  Marktposition nachhaltig zu stärken. 

 

Gemeinsam schaffen wir Lösungen, die nachhaltig wirken – Mit Projekten, Schulungsangeboten und Beratung für Sie, Ihr Team und Ihre Zukunft.

 

Starten Sie durch: Kontaktieren Sie uns, wenn Sie Ihre zukunftsorientierten Projekte mit unserer Unterstützung zum Erfolg führen möchten.

 

Katharina Schaus. dialog@itifts.de

Tel. 0049 7531 8927322