Cotton and labour report

 

 

Mit dem Bericht „Cotton and Labour“ von Solidaridad, der Teil der „Cotton Papers“-Serie ist, werden Problematiken im Baumwollsektor, wie Armut, Zwangsarbeit und der Pestizideinsatz, beleuchtet. Für Stakeholder der Baumwollproduktion hält der Bericht konkrete Maßnahmen zur Förderung einer nachhaltigeren und gerechteren Baumwollindustrie bereit und geht auf die neue EU-Gesetzgebung in diesem Kontext ein.


Die „Cotton Papers“ sind eine Reihe von Reports des HUB on Cotton Sustainability, dass 2023 von der niederländischen Netzwerkorganisation Solidaridad gegründet wurde. Im jüngsten Bericht der Organisation, der im letzten Monat unter dem Titel „Cotton and Labour“ erschienen ist, werden die folgenden Inhalte zentral beleuchtet:

  • Kontext des Baumwollanbaus: Klimawandel, globale Krisen, die Rolle von Geschlechterungleichheit und Rückverfolgbarkeit
  • Gesetzliche Entwicklungen in der EU
  • Prekäre Arbeitsbedingungen: Existenzsichernde Löhne, Zwangsarbeit und Pestizideinsatz im Baumwollanbau

Risiken & Nachverfolgbarkeit im Baumwollanbau

Weltweit sind schätzungsweise zwischen 24 und 32 Millionen Baumwollanbauende tätig, die wiederum mit Millionen von Saisonarbeitern zusammenarbeiten. Der Großteil von ihnen baut das Fasermaterial als Kleinbauern an. Bis zum Jahr 2040 sollen alle globalen Baumwollanbaugebiete mindestens einem Klimarisiko ausgesetzt sein. Insbesondere arme Baumwollproduzierende sollen von diesen Ereignissen unverhältnismäßig stark betroffen sein. So werden Arbeitsbedingungen etwa durch hohe Umgebungstemperaturen und den Einsatz schädlicher Pestizide widriger, Umstände, denen sie nicht ausreichend Resilienz entgegensetzten können.

 

Textile Exchange äußert sich zur Thematik: 

 

“In dieser Anbausaison [2022-23], haben wir gesehen, wie die Baumwollindustrie von Dürren, Schädlingsbefall und Bränden auf der ganzen Welt betroffen war, unter ihnen Landwirten, Entkörnungsbetrieben, Händlern, Zulieferern und viele andere Beteiligte der Industrie.“

 

Globale Krisen, wie die Covid-19-Pandemie und der Ukraine Konflikt prägen das anhaltende Jahrzehnt und wirken sich auf die Baumwollpreise aus. Über 40% der im Baumwollanbau Tätigen Personen sind Frauen, die überproportional oft die körperlich fordernde Arbeit auf den Feldern ausführen. Oft sind sie weder die Landbesitzenden noch in die Entscheidungsfindung mit eingebunden und werden geringer entlohnt.

 

Um prekären Arbeitsbedingungen im Baumwollanbau entgegenzuwirken und Due Diligence zu realisieren, ist Nachverfolgbarkeit eine elementare Bedingung, die die Branche noch immer vor Herausforderungen stellt. So zeigt das Baumwollranking der Organisation,

 

„(…),dass von den 82 größten Baumwollkäufern, die im Ranking im Jahr 2023 aufgeführt waren, 44 Unternehmen keine oder unvollständige Daten in Bezug auf den Anteil an nachhaltiger Baumwolle in ihrer Lieferkette veröffentlicht haben.“

 

 

Die Autoren fordern an dieser Stelle die Implementierung von Systemen zur Nachverfolgung, die durch Policies und Standards gesichert werden und informierte Entscheidungen durch Akteure der Branche ermöglichen. 

Bis zum Jahr 2040 sollen alle globalen Baumwollanbaugebiete mindestens einem Klimarisiko ausgesetzt sein, Bildquelle: Pexels

Prekäre arbeitbedinungen

Existenzsichernde Löhne sind für viele im Baumwollanbau tätige noch immer nicht gegeben und beeinflussen auch den Ausbau nachhaltiger Anbaupraktiken, die mit Bildung und Investitionen verbunden sind. “Eine qualitativ hochwertige Ausbildung senkt nachweislich die Produktionskosten und steigert das Einkommen.“

 

Risikofaktoren wie Kinderarbeit stehen ebenfalls in direktem Zusammenhang mit Armut und existenzsichernden Löhnen. Die Autoren fordern, dass Unternehmen hier Verantwortung übernehmen, indem die Umsetzung existenzsichernde Löhne verfolgt wird. Der Report führt an, dass 2021 global etwa 26,7 Millionen Menschen Opfer von Zwangsarbeit waren, im Baumwollanbau wurde die Einfuhr bisweilen aus bestimmten Regionen eingeschränkt.

 

Auch Kinderarbeit stellt einen problematischen Faktor dar, wozu erläutert wird, dass 71% der globalen Kinderarbeit in Landwirtschaftlichen Lieferketten verortet ist“. Langfristig wird als Schlüssel für diese Problematiken aber ebenfalls Transparent in der Wertschöpfungskette gesehen.

 

Eine weitere Belastende Komponente für Arbeiter*innen im Baumwollanbau ist die Gesundheitsgefährdung, die mit dem Pestizideinsatz im Anbau einher geht.  Insbesondere von der UN als ‘Highly Hazardous Pesticides’, kurz ‘HHPs‘ bringen ernsthafte Gesundheitliche Folgen, die bis zum Tod reichen können mit sich. Im UN’s Global Framework on Chemicals sind die Substanzen bereits verboten, der Report fordert aber auch von nationalen Regulatorien Verbote der Pestizide im Anbau. Beispielhaft wird angeführt, dass „vier von zehn Pestiziden, die in Brasilien im gängigen Einsatz sind, in der EU aufgrund ihrer Gesundheits- und Umweltschädlichkeit verboten sind.“

Nachhaltige Anbaupraktiken können als Schlüssel für niedrigere Anbaukosten und höhere Löhne wirken, Bildquelle: Pexels

Regulatorische Entwicklungen in der EU

Im Bericht werden die jüngsten regulatorischen Entwicklungen in der EU positiv gewertet. Mit dem Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und der EU Verordnung zur Zwangsarbeit hat die EU Richtlinien verabschiedet, die Unternehmen bezüglich Missständen in ihrer Lieferkette in die Verantwortung nimmt. Der Bericht betont:

 

„Insgesamt hat das CSDDD das Potential ein entscheidender Faktor für den Baumwollsektor zu sein und Fortschritte auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit und gerechten Praktiken zu bringen.“

 

Ergänzt wird die Reglementierung durch die EU-Strategie für Nachhaltige und kreislauffähige Textilien, durch die Haltbarkeit, Reparierbarkeit, Wiederverwendbarkeit, Recycelbarkeit und Verantwortung entlang der textilen Wertschöpfungskette gestärkt werden sollen. Im verbundenen digitalen Produktpass können Konsumenten hier Umwelteinflüsse und Fasermaterialien direkt einsehen. 

Was können Marken und Unternehmen beitragen?

Abschließend formuliert der Bericht Empfehlungen für verschiedene Akteure, die mit der Baumwollindustrie in Verbindung stehen, unter ihnen Händler, Marken Farmer und unterstützende Organisationen und Regierungen in produzierenden und konsumierenden Ländern und Multi-Stakeholder Initiativen. Folgend die Empfehlungen für Marken:

  • „Übernehmen Sie Verantwortung für Ihre Wertschöpfungskette durch Investitionen in die Produzenten, indem Sie nicht nur 100% zertifizierte Baumwolle kaufen und unterstützen Sie die Bauern bei Verbesserungen vor Ort.
  • Legen Sie die Messlatte für Transparenz höher, indem Sie langfristige Verträge, gestaffelte Zahlungen und Transparenz bei Einkaufspraktiken und Preisen erzeugen.
  • Verbesserung der Einkaufspraktiken, Beachten sie die Sorgfaltspflicht und setzen sich für faire Preise, existenzsichernde Löhne für Landwirte und Arbeiter ein.
  • Unterstützen sie Standards unterstützen, um Werte zu schaffen und eine nachhaltige
  • Preisgestaltung und Produktion zu garantieren.
  • Suchen sie die Proaktive Zusammenarbeit mit Multi-Stakeholder-Initiativen (MSI), die eine entscheidende Rolle bei der Behandlung von Problemen auf betrieblicher Ebene des Baumwollanbaus spielen.“

Ausblick

Unter der Rubrik „Cotton Papers“ veröffentlichte die Organisation Solidaridad im vergangenen Jahr bereits das Paper zu Themen wie Cotton and Corporate Responsibility und Cotton and Climate.

Aktuell sind weitere Paper angekündigt, die sich mit konkreten Empfehlungen an verschiedene Akteure in der Baumwollwertschöpfungskette wenden und sich damit für einen nachhaltigen Wandel einsetzten.