Faser-zu- Faser Recycling

Die Kreislaufwirtschaft mit Faser-zu-Faser Recycling stärken! – Das ist das Ziel, dem sich 12 Akteure der textilen Wertschöpfungskette im EU-Projekt „New Cotton Project“ verschrieben haben. Realisiert wurde die technische, wirtschaftliche und kommerziell mögliche Herstellung von Bekleidung aus regenerierten Baumwolltextilabfällen. Fazit: Die Textilindustrie steht vor einer Reihe von Innovationen und Maßnahmen, die zur Schließung des Kreislaufs umgesetzt werden müssen.


Das New Cotton Project startete im Oktober 2020 mit dem Ziel, eine zirkuläre Wertschöpfungskette für die kommerzielle Bekleidungsproduktion zu demonstrieren. Zu den 12 beteiligten Akteuren gehören Hersteller (Frankenhaus- Altkleider Sortierung, Inovafil – Garnproduzent, Kipas Textiles – Textilprdouzent, REvolve Abfall – Kreislaufexperte, Tekstina- Textilproduzent und Veredler), Forschungsinstitutionen (Aalto-Universität Finland, RISE Research Institute of Sweden, Xamk South-Eastern Finland University of Applied Sciences), Einzelhändler (adidas, H&M), Innovatoren (Infinited Fiber Company) und Kommunikationsexperten (Fashion for Good).

 

Während des gesamten Projekts arbeitete das Konsortium an der Sammlung und Sortierung von Alttextilien, die mithilfe der Infinited Fiber-Technologie zu einer neuen zellulosehaltigen Kunstfaser namens Infinna™ regeneriert werden, die optisch und haptisch Baumwolle ähnelt. Das gewonnene Fasermaterial wurden zu Garnen ausgesponnen und zu verschiedenen Stoffen verarbeitet.  Das Ausgangsmaterial für Capsule Collections der Marken adidas und H&M, die im Rahmen des Projekts entworfen, produziert und verkauft wurden. Nach dem Projektabschluss im März 2024 hebt das Konsortium acht Schlüsselfaktoren mit Großer Bedeutung für die Zukunft des Faser-zu-Faser-Recyclings hervor.

 

  • DIE WEITREICHENDE EINFÜHRUNG VON KREISLAUF-WERTSCHÖPFUNGSKETTEN IST ENTSCHEIDEND FÜR DEN ERFOLG
  • KREISLAUFWIRTSCHAFT BEGINNT MIT DEM DESIGNPROZESS
  • AUFBAU UND AUSBAU VON SORTIER- UND RECYCLINGINFRASTRUKTUREN SIND ENTSCHEIDEND
  • DIE VERBESSERUNG DER QUALITÄT UND VERFÜGBARKEIT VON DATEN IST ENTSCHEIDEND
  • DIE NOTWENDIGKEIT KONTINUIERLICHEN FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG IN DER GESAMTEN WERTSCHÖPFUNGSKETTE
  • DENKEN ÜBER WENIGER UMWELTSCHÄDLICHE FASERN HINAUS
  • ENGAGEMENT DER BÜRGER
  • KOHÄRENTE GESETZGEBUNG

WEITREICHENDE EINFÜHRUNG VON KREISLAUF-WERTSCHÖPFUNGSKETTEN

Die Kreislaufwirtschaft im Textilbereich erfordert neue Formen der Zusammenarbeit und des offenen Wissensaustauschs zwischen verschiedenen Akteuren in Kreislauf-Ökosystemen. Akteure müssen über die traditionellen Lieferketten hinaus einbezogen und bislang nicht vernetzte Industrien und Sektoren, wie die Textil- und Modebranche, die Abfallsammlung und -sortierung und die Recyclingindustrie sowie die digitale Technologie, Forschungseinrichtungen und politische Entscheidungsträger müssen miteinbezogen werden. Damit ein solches Ökosystem effektiv funktionieren kann, müssen die verschiedenen Akteure an der Abstimmung von Prioritäten, Zielen und Arbeitsmethoden beteiligt sein und die Bedürfnisse, Anforderungen und technisch wirtschaftlichen Möglichkeiten der anderen Akteure kennenlernen. Neben dem offenen Wissensaustausch innerhalb solcher Ökosysteme ist es auch wichtig, offen Erkenntnisse zu verbreiten, um andere Akteure in der Branche beim Übergang zur Kreislaufwirtschaft zu unterstützen.

Kreislaufwirtschaft beginnt im Designprozess

Bei der Entwicklung neuer Modelle ist es zentral, von Anfang an ein End-of-Life-Szenario im Auge zu behalten. Denn diese sind entscheidend dafür, welche Verzierungen, Drucke und Accessoires verwendet werden können. Wenn Designer den Recyclingprozess so einfach wie möglich gestalten, ist die Chance gesteigert, dass ein Rohstoff wiederverwendet wird. Darüber hinaus ist die Entwicklung von Geschäftsmodelle wichtig, die es ermöglichen, Produkte so lange wie möglich zu nutzen. Zu diesen Modellen gehören Reparatur-, Miet-, Wiederverkaufs- und Sharing-Dienste.

          Kreislauffähigkeit hat ihren Ursprung im Design, Quelle: Pexels

SORTIER- UND RECYCLINGINFRASTRUKTUREN

Um die kreislauforientierte Bekleidungsproduktion auszubauen, sind technologische Innovationen und Infrastrukturentwicklung bei der Sammlung und Sortierung von Alttextilien und der mechanischen Vorverarbeitung von Ausgangsmaterialien notwendig. Derzeit wird ein Großteil der Textilsortierung manuell durchgeführt, und die verfügbaren optischen Sortier- und Identifizierungstechnologien sind nicht in der Lage, mehrschichtige Textilien und komplexe Fasermischungen zu erkennen oder die Ursachen für Abweichungen in der Qualität des Ausgangsmaterials für das Faser-zu-Faser-Recycling zu identifizieren. Die Aufbereitung des Ausgangsmaterials ist ein entscheidender Schritt beim Textil-zu-Textil-Recycling, der jedoch außerhalb durchführender Akteure, noch nicht ausreichend verstanden wird. Hier ist eine Zusammenarbeit über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg gefordert, die Kenntnisse und Fähigkeiten für eine erfolgreiche Umsetzung braucht. An dieser Stelle sind stärkere wirtschaftliche Anreize notwendig, um das Textil-zu-Textil-Recycling zu stärken.

QUALITÄT UND VERFÜGBARKEIT VON DATEN

Es besteht noch immer ein erheblicher Mangel an verfügbaren Daten, um den Wandel hin zu einer Kreislauftextilindustrie zu unterstützen. Dadurch verlangsamt sich die Entwicklung von Lösungen auf Systemebene und von wirtschaftlichen Anreizen für textile Kreislaufwirtschaft. So werden die Mengen der auf den Markt gebrachten Textilien häufig stellvertretend für die Mengen der Post-Verbraucher-Textilien herangezogen. Die verfügbaren Daten sind dabei oft unvollständig und nicht aktuell. Auch auf nationaler Ebene kommen unterschiedliche Zahlen zu den textilen Abfällen vor, die mit unterschiedlichen Methoden oder Datenjahre zu begründen sind. Mit Ausnahme einiger guter Studien wie Sorting for Circularity Europe und der jüngsten Charakterisierungsstudie von ReFashion, gibt es fast keine zuverlässigen Informationen über die Faserzusammensetzung im Post-Verbraucher-Textilstrom. Textil-zu-Textil-Recycler würden von einer besseren Verfügbarkeit zuverlässigerer Daten profitieren. Politische Richtlinienüberwachung für die erweiterten Herstellerverantwortung sollte sich auf die Standardisierung der Berichtsanforderungen in ganz Europa, von der der Sammlung von Textilien nach dem Verbrauch bis zu ihrem endgültigen Endpunkt, fokussieren. Darüber hinaus sollten Anreize für die Digitalisierung geschaffen werden, damit die Berichterstattung automatisiert werden kann und hochwertige Textildaten nahezu in Echtzeit zur Verfügung stehen.

Faserzusammensetzungen im Post-Verbraucher-Textilstrom sind derzeit ein großes Fragezeichen, Quelle: Pexels

WENIGER UMWELTSCHÄDLICHE FASERN DÜRFEN NICHT DAS ENDZIEL SEIN

Die im Projektrahmen von Dritten verifizierte Ökobilanz der Wertschöpfungskette zeigt, dass die Cellulosefaser Carbamate, insbesondere wenn sie mit erneuerbaren Energien produziert wird, das Potenzial hat, die Umweltauswirkungen im Vergleich zu herkömmlicher Baumwolle und Viskose zu reduzieren. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass dieser Vergleich anhand von durchschnittlichen globalen Datensätzen von Ecoinvent für Baumwoll- und Viskosefasern durchgeführt wurde, und es Unterschiede in der Umweltleistung der auf dem Markt erhältlichen Primärfasern gibt. Die Ergebnisse zeigen, dass selbst bei einer Verringerung der Umweltauswirkungen durch die Verwendung von Recyclingfasern noch Arbeit in anderen Phasen des Lebenszyklus besteht. So sind beispielsweise die Qualität der Kleidungsstücke und ihre Verwendung während über die gesamte Lebensdauer entscheidend für die Verringerung der Umweltauswirkungen.

Kohärente Gesetzgebung

Die Gesetzgebung ist ein wirksames Instrument, um die Einführung nachhaltigerer und kreislauforientierter Praktiken in der Textilindustrie voranzubringen. Da allein in der EU mehrere neue Rechtsvorschriften erlassen werden, ist die Notwendigkeit eines kohärenten und harmonisierten Ansatzes der Politik für die erfolgreiche Umsetzung in der Textilindustrie unerlässlich.

 

Die hohe und ständig wachsende Nachfrage nach recycelten Materialien verdeutlicht, dass alle geeigneten End-of-Use Textilien gesammelt und sortiert werden müssen. Um dieser Anforderung gerecht zu werden, werden sowohl mechanische als auch chemische Recyclinglösungen benötigt. Außerdem sollten beide Wege effektiv umsetzt werden: der geschlossene Kreislauf (Faser-zu-Faser) und das offenen Kreislauf Recycling (Fasern zu anderen Sektoren). Der Export von minderwertigen wiederverwendbaren Textilien in Länder außerhalb der EU muss überdacht werden. Zu bevorzugen wäre an dieser Stelle ein Recycling innerhalb des europäischen Binnenmarktes, anstatt in Länder zu exportieren, in denen die Nachfrage oft ungeprüft und die Abfallbewirtschaftung unzureichend ist. 

fazit

Vertiefte Zusammenarbeit und Wissensaustausch sind von zentraler Bedeutung für die Entwicklung effektiver zirkulärer Wertschöpfungsketten, um die Skalierung innovativer Recyclingtechnologien zu unterstützen und die Verfügbarkeit von recycelten Fasern auf dem Markt zu erhöhen. Das New Cotton Project hat auch das Potenzial von Recyclingfasern wie das Potenzial von Recyclingfasern wie Infinna™ aufgezeigt, eine nachhaltigere Alternative zu einigen anderen traditionellen Fasern. Zeitgleich hat das Projekt deutlich gemacht, wie wichtig es ist, die gesamte Wertschöpfungskette zu betrachten, um die Umweltauswirkungen zu reduzieren. Einige der beteiligten Projektpartner arbeiten in einem weiteren EU-Projekt zusammen - T-REX (Textile Recycling Excellence) identifiert Kreislaufgeschäftsoptionen für den EU-Textilsektor. Forschungsergebnisse zum Projekt und zur textilen Kreislaufwirtschaft können über deren Website abgerufen werden.